Die Geschichte des deutschen Strafvollzugssystems

Das deutsche Strafvollzugssystem ist nicht unumstritten, so wird gerade im Boulevard-Journalismus und in den sozialen Medien kritisiert, dass es viel zu lasch sei und Gefangene verhätschele, Forscher kritisieren wiederum, dass in vielen Fällen die Resozialisierung nicht gelänge, weil es zu viele Einschränkungen für die Gefangenen gibt. Insgesamt lässt sich aber trotzdem festhalten, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für Gefängnisse heute allgemein gegeben ist. Doch hat sich das deutsche Gefängnissystem entwickelt? Wir schauen für euch in die Geschichte.

Das preußische Landrecht als Beginn

Das deutsche Gefängnissystem beginnt mit der Entwicklung des preußischen Landrechts 1794, in dem die meisten Körperstrafen abgeschafft wurden. Ideen aus den USA und Großbritannien folgend begann in Preußen 1804 die Konzeption eines Strafvollzugssystems, das modernen Maßstäben entsprach und unter anderem die Besserung der Inhaftierten als Ziel hatte.

Private Gefängnisse

Neben diesen staatlichen Einrichtungen existierten damals in Deutschland, so wie immer noch in den USA, damals auch private Haftanstalten, die oft von religiös motivierten Gesellschaften betreut waren und sich auf eine Resozialisierung ausrichteten. Ein bekanntes Beispiel ist hier die Rheinisch-Westfälische Gefängnisgesellschaft, die 1826 von Theodor Fliedner gegründet wurde und sich für eine Verbesserung der Lebensumstände der Insassen engagierte. Dabei tat sich der evangelische Pastor Fliedner mit dem katholischen Gefängnisseelsorger Friedrich Gerst zusammen, um für bessere Resozialisierungsmaßnahmen einzutreten.

Die Reichseinheit

Die nächste große Entwicklung im deutschen Strafvollzug gab es im Zuge der Reichseinheit mit der Einführung des Reichsstrafgesetzbuchs. Dieses sah vier Arten von Haft vor:

  • das Zuchthaus bei Strafen ab einem Jahr bis lebenslänglich, bei dem eine Arbeitspflicht galt
  • das Gefängnis ab einem Tag bis zu fünf Jahren ohne Arbeitspflicht aber mit einem Recht auf Arbeit,
  • das Arbeitshaus, das vor allem für Straftaten gegen das allgemeine Moralempfinden gedacht war
  • die Festungshaft, die nur für die oberen Schichten zugänglich und teilweise durchaus komfortabel war.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Wissenschaft auf das Haftsystem aufmerksam. Der bedeutende Rechtsgelehrte Franz von Liszt unterschied drei wesentliche Ziele der Haft:

  • Besserung Besserungswilliger
  • Abschreckung Besserungsunwilliger
  • Abschreckung Besserungsunfähiger

Weimarer Republik und NS-Zeit

Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugssystems entwickelte sich in der Folge vor allem je nach Gewichtung dieser Ziele. So sollte es in der Weimarer Republik nicht länger für Abschreckung und Vergeltung genutzt werden, sondern seine Insassen hauptsächlich bessern. Schläge und die damals als Dunkelhaft bekannte Isolationshaft wurden abgeschafft.

Diese Maßnahmen hielten jedoch nicht lange, da die Nazis sie nach 1933 wieder einführten. Sie orientierten sich wieder stärker an den Zielen Abschreckung und Vergeltung und verschärften zudem viele Gesetze, wodurch sich die Gefängnisse wieder füllten. Es entwickelte sich außerdem mit den Konzentrationslagern ein alternatives Inhaftierungssystem, das sich immer stärker mit den Gefängnissen überschnitt. Dies galt besonders bei sittlichen oder politischen Strafen. In den Konzentrationslagern wurde auch die Dunkelhaft wieder eingeführt.

Der Vollzug in der BRD bis heute

In der BRD gab es zunächst eine Überforderung mit dem Strafvollzug. Es gab nach dem Krieg zu wenig Personal und zu viele Straftäter. Die Situation besserte sich Jedoch und der Vollzug wurde über die Jahre humanisiert. 1957 wurde die Bewährungsstrafe in Deutschland eingeführt und seit 1977 besteht das Ziel der Resozialisierung. Dabei wird nun auch auf moderne Konzepte wie den offenen Vollzug gesetzt. Insgesamt lässt sich im Laufe der Geschichte eine Humanisierung des Strafvollzugs feststellen.